Koppel statt Büroalltag

Pressemitteilung: Offenbach, 28.11.2017 – Jasmin Heuer hat in Mühlheim ihr Lebensprojekt Wohlfühlranch aufgebaut. Seit 2012 bewohnen Pferde, Hasen, Hühner und Enten die grüne Oase am Stadtrand. Die Entspannungspädagogin nutzt die Sensibilität der Tiere und das großräumige Gelände mit Bauwagen, um Kindern und Erwachsenen einen kreativen Zugang zu sich selbst und anderen zu erleichtern. Diesen Herbst veröffentlichte Sie ihre Autobiografie „Die Weichheit des Hühnchens ist unendlich“. Am Freitag, 15.12.2017, wird sie um 19:00 Uhr in der Hanauer Teestube im alten Fischerhaus, Mittelstraße 2, aus ihrem Buch lesen und ihre Arbeit vorstellen.

Jasmin Heuer, 39, ist sich treu geblieben und hält die Zügel in der Hand. Die gelernte Kauffrau durchläuft beruflich eine harte Schule, kämpft für ein authentisches Leben. Sie möchte sich nicht den gesellschaftlichen Zwängen hingeben, ihre Freiheit bewahren. Das Naturkind ist von Tieren fasziniert, besonders von Pferden. Im Grundschulalter wünscht sie sich von ihren Eltern ein Pferd. „Wenn du eins möchtest, musst du dir eins kaufen“, schreibt Jasmin Heuer in ihrem Buch über die Reaktion der Mutter, Inhaberin einer Steuerkanzlei. Die aufgeweckte Tochter wird in der dritten Schulklasse zur Unternehmerin: Im Mehrfamilienhaus mit 12 Parteien verteilt sie selbstgebastelte Visitenkarten, bietet einen wöchentlichen Autowaschdienst an. Mit 14 Jahren holt sie das Ersparte von der Bank, kauft die weiße Stute Sheila, organsiert selbst die Unterkunft. Jasmin Heuers Augen strahlen beim Erzählen, noch 25 Jahre später. Immer wenn sie von Pferden und Kindern erzählt. „Kinder, Menschen mit Behinderungen und Pferde – das war früh für mich klar.“ Über den Förderverein der Grundschule beginnt sie, „Entspannungskurse für Kinder mit Pferden“ anzubieten. Es folgten Kindergeburtstage und Angebote für Erwachsene mit psychischen Erkrankungen.

Hätt‘ ich mal, hätt‘ ich mal“, diese oft gehörten Worte von älteren Menschen, wird Jasmin Heuer in 25 und mehr Jahren nicht wehmütig über ihre Lippen bringen müssen. Die zierliche und selbstbewusste Frau hat sich ihre Lebendigkeit bewahrt. Sie hat früh gelernt, ihre Wünsche selbst in die Hand zu nehmen und dabei ihren Traum von einer Großfamilie zielstrebig verfolgt. „Wenn man Haltung zeigt und seine Ziele formuliert und verfolgt, wird man anders von seiner Umwelt behandelt“, sagt Jasmin Heuer. Sie legte Hand an, befreite das Gelände von Brombeeren, zimmerte Pferdeunterstände, baute Ställe für Hasen und Hühner. Alles wirkt improvisiert, wild. „Es soll nicht so perfekt sein, ich sammle altes Material, möchte selber zimmern. Die Wohlfühlranch, das bin ich.“

Auf das Besondere der Tier-Mensch-Beziehung angesprochen, könnte die Antwort kürzer nicht ausfallen: „Echtheit“, sagt die Entspannungspädagogin, die im Herbst eine Ausbildung zum Elementarcoach begonnen hat. „Ich sehe und erlebe in meinen Kursen das wahre Gesicht der Menschen“. Jasmin Heuer erzählt von einem Manager, der im Konzern vor Macht strotzt, alles beherrscht und dem in der Begegnung mit einem Pferd plötzlich die Knie zittern. Eltern erzählten bei der Anmeldung zu den Kursen häufig, dass ihr Kind sehr ängstlich sei, sich wenig zutraue. „Die Angst kommt von wo anders, die Kinder haben hier keine Angst, auch nicht vor den großen Pferden“, erzählt Jasmin Heuer. Wir sitzen im November an einer bunten Tischgarnitur bei einer Kanne Kaffee und Jacke im Freien. Die Sonne scheint in unsere Gesichter. Die Wohlfühlranch-Betreiberin lässt ihren Blick über die Pferdekoppel und ihre schiefen Hütten schweifen, spricht: „Wenn ich aufhöre perfekt zu sein, darf ich mir Fehler erlauben. Ich gewinne eine andere Ebene zu den Menschen. Das oben und unten wird aufgehoben“.

Jasmin Heuer schreibt in ihrer Autobiografie offen und sympathisch über ihre Zweifel, klammert auch persönliche Krisen nicht aus: Ihr Leben als Trennungskind im Elternhaus, gesundheitliche Rückschläge, schwarze Tage auf der Wohlfühlranch. Nie jedoch gerät der Erzählfluss ins Stocken, immer strahlt Lebendigkeit durch. Dabei helfen ihr auch die drei sensiblen Pferde, die den Mensch durchschauten: „Geht es mir schlecht und habe ich mein Strahlen verloren, merkt das Pferd das. Ich kann auf Distanz gehen oder meinen schweren Kopf auf das Pferd ablegen, dabei neue Kraft gewinnen“. Die Mangalarga Marchador-Stuten Aleixa, Betunia und Whispy grasen in der Herbstsonne. Die Wohlfühlranch ist ein wahrer Kraftort.

Mehr erfahren Sie im Artikel der Offenbach Post vom 5. Dezember 2017 hier.